Altersteilzeit – Ausübung billigen Ermessens bei Verteilung der Arbeitszeit

Altersteilzeit – Ausübung billigen Ermessens bei Verteilung der Arbeitszeit

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG:

  1. Der Arbeitnehmer hat nach §§ 2, 3 TV ATZ keinen Vollanspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber hat vielmehr nach billigem Ermessen über die Verteilung der Arbeitszeit zu entscheiden (§ 106 S. 1 GewO, § 315 I BGB). Zu einer Annahme des Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell ist der Arbeitgeber nach §§ 2, 3 TV ATZ lediglich dann verpflichtet, wenn jede andere Entscheidung über die Verteilung der Arbeitszeit billigem Ermessen widerspräche.
  2. Bei seiner Ermessensausübung nach § 106 S. 1 GewO, § 315 BGB muss der Arbeitgeber die wesentlichen Umstände des Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen. Deshalb stellt eine verbindliche Vorentscheidung, generell und auf Dauer aus dienstlichen/betrieblichen oder finanziellen Gründen Altersteilzeit im Blockmodell zu verweigern, keine Ausübung von Ermessen dar. Es werden gewollt die Umstände des Einzelfalls ausgeblendet.
  3. Behält sich ein Zuwendungsgeber den Widerruf vor, so ist nicht nur die Rechtmäßigkeit des Widerrufsvorbehalts, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Ausübung des Widerrufs zu prüfen. Das gilt auch für den Fall, dass sich ein öffentlicher Zuwendungsgeber gegenüber einem den TV ATZ anwendenden Arbeitgeber vorbehält, Zuwendungsbescheide zu widerrufen, wenn dieser seinen Arbeitnehmern Altersteilzeit im Blockmodell bewilligt.
  4. Hinreichender Widerrufsgrund kann im Fall des Orientierungssatzes 3 nur eine rechtswidrige Bevorzugung der Arbeitnehmer des Zuwendungsnehmers im Verhältnis zu denen des Zuwendungsgebers sein. Soll der Widerruf ausgeübt werden, um einen tarifwidrigen generellen Ausschluss des Blockmodells durchzusetzen, wäre er gem. § 49 II 1 Nr. 1 VwVfG ermessensfehlerhaft und unwirksam. Deshalb ist ein Zuwendungsnehmer nicht berechtigt, generell und ausnahmslos gegenüber seinen Arbeitnehmern die Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell mit dem Argument zu verweigern, ihm drohe der Widerruf des Zuwendungsbescheids.
Leitsätze:
  1. Der Arbeitgeber hat gem. § 3 II TV ATZ nach billigem Ermessen (§ 106 S. 1 GewO, § 315 I BGB) über die Verteilung der Arbeitszeit (Teilzeit- oder Blockmodell) zu entscheiden. Zu einer Annahme des Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell ist er nach §§ 2, 3 TV ATZ lediglich dann verpflichtet, wenn der Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses keine dringenden dienstlichen/ betrieblichen Gründe (bei Arbeitnehmern mit Vollendung des 60. Lebensjahres) entgegenstehen (§ 2 III TV ATZ) und jede andere Entscheidung über die vom Arbeitnehmer begehrte Verteilung der Arbeitszeit billigem Ermessen widerspräche.
  2. Es ist rechtswidrig, wenn sich ein öffentlicher Zuwendungsgeber gegenüber einem den TV ATZ anwendenden Arbeitgeber in einer Nebenbestimmung vorbehält, Zuwendungsbescheide zu widerrufen, falls dieser seinen Arbeitnehmern Altersteilzeit im Blockmodell bewilligt. Der öffentliche Zuwendungsgeber fordert hiermit den Arbeitgeber unter Androhung des Widerrufs der Zuwendungsbescheide auf, über die Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell nicht nach § 315 I BGB zu entscheiden und sich tarifwidrig zu verhalten.
  3. Ein hierauf gestützter Widerruf wäre i. S. von § 49 II 1 Nr. 1 VwVfG ermessensfehlerhaft und unwirksam. Deshalb kann der zuwendungsempfangende Arbeitgeber die Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell nicht mit der Begründung verweigern, ihm drohe der Widerruf der Zuwendungsbescheide.
BAG, Urteil vom 17. 8. 2010 - 9 AZR 401/09

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